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Eine Umweltschützerin bei der Autobahn

Autobahn und Naturschutz - Zwei Themen, die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben. Betül Sahinkayali ist überzeugte Umweltschützerin und gerade deswegen gezielt zur Autobahn GmbH gekommen. Im Interview erklärt sie, wie das zusammenpasst.

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Eine Umweltschützerin bei der Autobahn GmbH

Autobahn und Naturschutz - Zwei Themen, die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben. Betül Sahinkayali ist überzeugte Umweltschützerin und gerade deswegen gezielt zur Autobahn GmbH gekommen. Im Interview erklärt sie, wie das zusammenpasst.

Was genau machen sie bei der Autobahn GmbH?

Sahinkayali: Seit 2021 arbeite ich in der Niederlassung Südwest in der Außenstelle Heidelberg als Landschaftsplanerin. Ich habe Landschaftsplanung und Naturschutz studiert und mich dabei insbesondere auf Schadstoffe und Klimaschutz spezialisiert. Diese Expertise bringe ich jetzt tagtäglich bei der Autobahn ein.

Autobahn und Naturschutz– das klingt erstmal wie ein Widerspruch.

Sahinkayali: Ist es aber nicht! Der Mensch braucht Infrastruktur um von A nach B zu kommen. Genauso brauchen Pflanzen und Tiere ihren geschützten Lebensraum. Ich bin überzeugt, dass man das nicht als Schwarz und Weiß betrachten muss, sondern als ein großes Ganzes. Es ist unser gemeinsamer Lebensraum. Es geht auch nicht darum die grüne Fahne zu schwenken, weil das halt gerade der Zeitgeist ist. Wir wollen wirklich etwas bewegen. Für mich und meine Kolleginnen und Kollegen sind Nachhaltigkeit und Umweltschutz bei der Autobahn GmbH eine sehr ernste Sache und wir sind mit Herzblut dabei.

Wie sieht Naturschutz bei der Autobahn in der Praxis aus?

Sahinkayali: Ein gutes Beispiel sind sogenannte Ausgleichsmaßnahmen bei Bauprojekten. Nehmen wir an, wir wollen einen Rastplatz anlegen. Lange vor dem Baubeginn schauen wir uns die Landschaft dort an und analysieren das gesamte Ökosystem und wie die einzelnen Bestandteile zusammenhängen. Welche Pflanzen wachsen hier? Welche Tiere sind hier heimisch? Was für einen Boden finden wir vor? Wie ist das Ökosystem mit der weiteren Umgebung vernetzt?
Im nächsten Schritt suchen wir in der Umgebung eine Fläche, auf der wir dann ein strategisch geplantes neues Ökosystem entstehen lassen. Das sind oftmals Flächen, die früher vom Menschen genutzt wurden, jetzt aber keinen Zweck mehr erfüllen. Wir erschaffen also auch neue Natur- und Lebensräume wo vorher nichts in dieser Form war. Durch die genaue Planung sind die neuen Gebiete oftmals besser auf die Bedürfnisse von Flora und Fauna zugeschnitten, als die alten Lebensräume. Die Tiere ziehen dann vorsichtig in ihr schöneres und oft größeres Zuhause um und können sich hier entwickeln und vermehren.

Ist jeder Seitenstreifen an der Autobahn so durchdacht?

Sahinkayali: Nichts wächst zufällig an der Autobahn! Auch wenn es manchmal wie Unkraut aussieht, jeder Busch, jeder Baum und jedes Gras wächst da aus einem bestimmten Grund. Wenn ich über die Autobahn fahre habe ich deswegen immer ein halbes Auge auf dem Grünstreifen. Ich schaue was die Kollegen da gemacht haben und hole mir Anregungen. An der A 6 Richtung Heilbronn haben wir zum Beispiel eine richtig schöne Vegetation, die auch bei vielen Insekten sehr beliebt ist. Diese Grünstreifen an der Autobahn helfen übrigens auch dabei, Lebensräume von Tieren zu vernetzen, genau wie Grünbrücken über die Autobahn oder Tunnel für Frösche und Kröten.

Man hört ja immer wieder, dass sich Bauprojekte wegen dem Naturschutz verzögern oder teurer werden. Auf wie viel Unverständnis treffen sie?

Sahinkayali: Es ist für einen Bauleiter oder eine Bauleiterin natürlich blöd, wenn sich das Projekt wegen Fledermäusen verschiebt.  Ich kann die Sichtweise der Kollegen sehr gut verstehen. Ich sehe aber auch hier das große Ganze. Im Idealfall arbeiten der Bereich Bau und der Bereich Umwelt von Beginn an Hand in Hand. Ich stelle fest, dass hier vieles im Wandel ist. Speziell bei der Autobahn GmbH hier im Südwesten erlebe ich eine große Wertschätzung meiner Arbeit.  Wir sind Teil einer positiven Veränderung, die gerade stattfindet. Wir überlegen oft alle gemeinsam, was wir für den Umweltschutz tun können und wie wir den möglichen Rahmen bei Projekten voll ausschöpfen. Wir machen das auch nicht nach Lust und Laune, sondern genau nach Vorschrift.

Gibt es für Landschaftsplanung an der Autobahn klare Richtlinien und Gesetze?

Sahinkayali: Ja! Das ist im nationalen Umweltrecht und im EU-Recht geregelt. Mich freut es, dass der Gesetzgeber hier mittlerweile sehr sinnvolle Vorgaben macht. Die sind im Detail auch sehr strikt. Es dürfen beispielweiße auf Ausgleichsflächen in Süddeutschland keine Bäume aus Norddeutschland gepflanzt werden. Selbst Blumen, die in Freiburg wunderbar wachsen, können in Karlsruhe das Ökosystem durcheinanderbringen und sind deswegen nicht erlaubt. Für uns als Autobahn GmbH gelten viel strengere Gesetze als für Privatpersonen und das ist auch gut so!  Es geht ja nicht nur darum ein paar Tiere und Pflanzen zu schützen. Es geht um unseren gemeinsamen Lebensraum und was wir den nächsten Generationen hinterlassen.

Sie müssen ja ein enormes Wissen über Tiere und Pflanzen haben?

Sahinkayali: Wir Landschaftsplaner haben einen guten Grund-Überblick und dann oft noch ein Spezialgebiet. Bei mir sind das zum Beispiel die Schadstoffe. Für Detailfragen arbeiten wir oft auch mit externen Fachleuten zusammen. Die Umsiedlung von Fledermäusen unter einer Autobahnbrücke, ist zum Beispiel ein sehr sensibler Vorgang. Da holen wir dann einen Fledermausexperten ins Boot, der sich wirklich bis ins Kleinste mit diesen Tieren auskennt und uns unterstützt.

Ich persönlich möchte auch noch die Zusammenarbeit mit Organisationen wie NABU und BUND und privaten Tierschützern vorantreiben.  Da gibt es teilweiße die absoluten Expertinnen und Experten in Nischenbereichen, die uns sehr viel helfen können. Hier gilt es Vertrauen aufzubauen und zu beweisen, dass wir Naturschutz ernst meinen.

Bei all den Pflanzen, Regeln und Grünstreifen im Arbeitsalltag… wie sieht es bei Ihnen Zuhause auf dem Balkon aus?

Sahinkayali: Natürlich achte ich auch privat darauf, dass die Pflanzen zum Beispiel Nahrung für die wilden Insekten bieten. Aber ich bin im Privaten nicht ganz so streng wie im Beruflichen. Meine Balkon Bepflanzung ist nicht durchgeplant, sondern entsteht mehr oder weniger zufällig aus Pflanzen, die mir einfach auch mal gut gefallen und schön aussehen.