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Status: Ist abgeschlossen Region: Westfalen, …

Autobahn: A 45, …Lennetalbrücke Hagen

Die A45-Lennetalbrücke wird neu gebaut. Besondere Herausforderung: Neben der alten Brücke ist zunächst eine neue Brückenhälfte auf Hilfspfeilern entstanden. Dieser westliche Überbau wird zum Projektende auf einer Länge von fast 1000 Metern quer auf die endgültigen Pfeiler verschoben.

Daten & Fakten

Gesamtlänge

984,5 Meter

Gewicht

30.000 Tonnen

Verkehrsbelastung

90.000 Fahrzeuge täglich (Stand: 2018)

Projektbeschreibung

Die Lennetalbrücke im Zuge der A45 wird durch einen Neubau ersetzt. Die Brücke liegt am nordöstlichen Stadtrand von Hagen in unmittelbarer Nähe des Autobahnkreuzes Hagen. Sie überquert den Fluss Lenne, eine Bahnstrecke, das Werksgelände einer anliegenden Firma, die Landesstraße 674 und die Kreisstraße 1 in einer Höhe von 20 bis 30 Metern über dem Gelände.

Für den Ersatzneubau ist zunächst ein neues Teilbauwerk auf Hilfspfeilern errichtet worden. Für den Abbruch der Bestandsbrücke und den Neubau des zweiten Teilbauwerks wurde der gesamte Verkehr auf die neue Brückenhälfte umgelegt:  Zwei Fahrspuren in jede Richtung plus eine Rettungsgasse in der Mitte sorgen für einen fließenden Verkehr und ausreichend Sicherheit.

Nach Fertigstellung der zweiten Hälfte der Lennetalbrücke (Richtungsfahrbahn Dortmund) und der endgültigen Pfeiler für den bereits fertigen ersten Überbau der Brücke, wurder der Überbau in Fahrrichtung Frankfurt knapp 20 Meter verschoben.

Die neue Brücke besteht aus zwei Bauwerken mit einer Stützweite von 979,50 Metern über 14 Felder, die von jeweils zwei Pfeilern gestützt werden. Mit einer Breite von zweimal 18,25 Metern sind die Überbauten bereits für einen sechsspurigen Ausbau der A45 vorbereitet. Der Überbau besteht aus einem geschlossenen Stahlhohlkasten mit seitlich angeordneten Druckstreben, die die massive Fahrbahnplatte aus Stahlbeton tragen. Auf den Außenkappen sind transparente Lärmschutzwände angebracht. Die Stahlkonstruktionen der Überbauten sind  im Taktschiebeverfahren von beiden Widerlagern aus eingeschoben worden. Der mittlere Teil der Brücke („Voutenbereich“) über die Lenne wurde mit Hilfe von Traggerüsten montiert.

Im direkten Anschluss an die Lennetalbrücke wurde eine weitere, kleinere Brücke über eine städtische Straße neu gebaut. So konnten die Einschränkungen, die eine weitere Baustelle im Anschluss an den Lennetalbrücken-Neubau mit sich gebracht hätte, für den Verkehr verringert werden.

Zeitplan

2008: Variantenbetrachtung erste Überlegungen                   

2011: Planung Bauwerksentwurf                                              

Bis Mitte 2013: Ausschreibungsvorbereitung und EU-weites Vergabeverfahren

11. September 2013: Offizieller Spatenstich mit NRW-Verkehrsminister Michael Groscheck

Ab 2014: weitere Detailplanung Querverschub, kontinulierlicher Prozess bis 2020; Bau der ersten Brückenhälfte westlich der Bestandsbrücke auf Hilfspfeilern

28. Oktober 2015: „Stahlhochzeit“ Überbau West – die Stahlträger der zweiten Brückenhälfte werden in der Mitte miteinander verschweißt

März 2017: Umlegung Verkehr auf Überbau West, der Verkehr läuft auf vier verengten Spuren über die neu errichtete Brückenhälfte

Ab April 2017: Abriss und Teil-Sprengung der alten Brücke

Ab Juni 2017: Kampfmittelsondierungen, Vorbereitung für die Herstellung der „Taktkeller“ (in den Taktkellern wird der Stahlüberbau nach und nach verschweißt und herausgeschoben), Neubau der östlichen Brückenhälfte sowie der endgültigen Brückenpfeiler für den westlichen Überbau

21. August 2019: „Stahlhochzeit“ Überbau Ost – die Stahlträger der zweiten Brückenhälfte werden in der Mitte miteinander verschweißt

November 2020: Umlegung Verkehr auf Überbau Ost; Vorbereitung des Verschubs

5. März 2021: Verschub der westlichen Brückenhälfte auf die endgültigen Träger 

August 2021: Freigabe des Überbaus West

Bildergalerie: Vorbereitung des Verschubs

Fragen an den Projektleiter

Sie haben als Projektleiter beim Bau der Lennetalbrücke den Hut auf. Was sind Ihre Aufgaben?

Natürlich ist es in der Regel ein Helm, den ich auf dem Kopf habe. Aber mit Blick auf das Projekt habe ich die Verantwortung und damit den Hut auf. Wir arbeiten bei einem solchen Projekt als Team, in dem alle Beteiligten wichtig sind und verantwortungsbewusst arbeiten. Bei einem so großen Bauwerk müssen alle Bereiche, von der Umweltbaubegleitung bis zum Ingenieur, der für die Konstruktion zuständig ist, miteinander kommunizieren. Das gilt auch dann, wenn Fehler passieren. Nur mit einer offenen Gesprächskultur lässt sich ein solches Projekt erfolgreich abschließen.

Bei der Planung gibt es inzwischen eine frühe Bürgerbeteiligung. Spielen die Bürgerinnen und Bürger beim Bau auch eine Rolle?

Ja, auf jeden Fall. Nur wenn wir ein Projekt gut erklären, können wir Akzeptanz erzeugen. Schließlich nimmt so ein Brückenbau vielfältigen Einfluss auf die Menschen. Da sind die Pendler, die über Jahre durch eine Baustelle fahren müssen. Oder die Anwohner, die vom Abriss bis zur Freigabe mit Lärm und auch Schmutz leben müssen. Beim Abriss habe ich an manchem Kaffeetisch gesessen und den Anwohnern erklärt, was wir tun, um sie nicht allzu sehr zu belästigen. Und während der Bauphase haben wir immer wieder Besucher über die Baustelle geführt, um zu erklären, was hier passiert. Nur so lässt sich Verständnis dafür wecken, dass ein solch komplexer Neubau nicht in ein paar Monaten erledigt ist.

Wann ziehen Sie unter das Projekt „Lennetalbrücke“ den Schlussstrich?

Der nächste Meilenstein, neben dem Querverschub des westlichen Überbaus und der Verkehrsfreigabe, wird sein, wenn die Baufirma Hochtief die Arbeiten beendet hat und die Baustelle verlässt. Dann ist der eigentliche Bau fertig. Doch unsere Arbeit endet damit nicht. Wir müssen noch das gesamte Umfeld der Brücke gestalten, damit die Natur an dieser Stelle wieder zu ihrem Recht kommt. Für den Eingriff in die Ökologie muss ein Ausgleich geschaffen werden. Das dauert noch einige Zeit. Und auch die Abrechnung eines solchen Großprojektes wird uns noch länger beschäftigen. Den letzten Ordner „Lennetalbrücke“ stelle ich also wahrscheinlich erst in ein oder zwei Jahren ins Regal.

Fragen an die Bauüberwacher

Was ist Ihre Aufgabe beim Bau der Lennetalbrücke?

Wir haben den Erd- und Straßenbau, die Verkehrsführung innerhalb der Baustelle und alle Leitungen im Blick, die mit dem Projekt „Lennetalbrücke“ zu tun haben. Das beginnt bei der ersten Erdbewegung im Baufeld und reicht bis zur Markierung der neuen Fahrbahn, wenn das Bauwerk fertig ist. Es gibt aber auch Aufgaben, die mit dem Straßenbau an sich nichts zu tun haben. So haben wir auch den Ausbau des Fledermausstollens, der im Rahmen der Ausgleichsmaßnahmen angelegt worden ist, überwacht. Und wenn nun nach der Fertigstellung der eigentlichen Brücke die Flächen unter dem Bauwerk wiederhergestellt werden, sind wir auch mit dabei.

Das bedeutet, dass Sie viel unterwegs sind. Bei einem so großen Bauwerk haben sie doch sicher so manchen Kilometer zurückgelegt?

Wenn es um die Überwachung der Bauausführung geht, sind wir natürlich draußen unterwegs. Und da ist ein so großes Projekt sicherlich eine Herausforderung. Aber letztlich ist es eine Brückenbaustelle wie andere auch. Gut 60 Prozent der Arbeit findet draußen statt, es gibt aber auch jede Menge Arbeit am Schreibtisch. Wenn dann bei der Abrechnung im Büro etwas auffällt, müssen wir Helm und Arbeitsstiefel wieder anziehen und überprüfen, ob die Angaben plausibel sind. Bei der Rechnungsbearbeitung ist dieses Großprojekt natürlich auch besonders, das sind schon andere Summen, mit denen wir hier zu tun haben.

Der Verkehr auf der A45 rollt seit Baubeginn durch die Baustelle. Was muss dafür bei der Bauplanung berücksichtigt werden?

Es geht immer darum, ein maximales Baugeschehen mit einem minimalen Verkehrseingriff zu ermöglichen. Das bedeutet, dass wir für den Bau der Lennetalbrücke, soweit es möglich war, auf Vollsperrungen verzichtet haben. Eine Vollsperrung ist den Baufirmen natürlich am liebsten, dann können sie auf breiter Fläche agieren. Doch lässt sich das nicht mit unserem Anspruch verbinden, den Verkehr möglichst durchgehen rollen zu lassen. Die hohe Verkehrsbelastung von gut 90.000 Fahrzeugen pro Tag ist da bei diesem Projekt eine Herausforderung. Zusätzlich mussten wir für die Rettungskräfte eine Spur einrichten, da bei einem Kilometer Brückenlänge ja niemand von rechts oder links zu einer möglichen Unfallstelle kommen kann.

Fragen an den Vermesser

Vermesser liefern die Grundlagen für Planung und Bau. Was ist genau Ihre Aufgabe beim Projekt „Lennetalbrücke“?

Wir haben für die Planung das gesamte Bauumfeld aufgenommen. Vermesser übersetzen für die Planer quasi das, was in der Wirklichkeit zu finden ist, in eine Plansprache. Wir stellen Längen und Höhen dar, damit ein Neubau am Ende auch tatsächlich mit seinem Anfang und Ende passt und alle Hindernisse – wie die Bahn, die Lenne oder die Stadtstraßen – überwunden werden.

Um zu bauen, müssen die Daten der Planer aber auch wieder ins Baufeld übertragen werden…

Ja, das stimmt. Und auch dafür haben wir Grundlagen geschaffen. Es wurde ein so genanntes Festpunktfeld für die Baufirmen erstellt. Dabei werden mehr als ein Dutzend Punkte im Baufeld sehr genau nach Lage und Höhe vermessen. An diesen Festpunkten können sich die Firmen dann für ihre eigenen weiteren Vermessungsarbeiten orientieren. Wichtig war, dass diese Punkte beim Abbruch und Neubau möglichst lange erhalten bleiben. Wir mussten also schon im Vorfeld überlegen, wo Erdarbeiten stattfinden oder später ein Brückenpfeiler steht. Inzwischen ist die Zahl der Punkte aber trotz allem stark geschrumpft.

Haben Sie den Bau über die Jahre regelmäßig begleitet?

Die Bauüberwachung verlangt natürlich auch während der Bauphase immer wieder eine Kontrolle, ob alles so gebaut wird, wie geplant. Und jetzt zum Finale werden wir auch überprüfen, ob die Brücke nach dem Verschub dort angekommen ist, wo sie tatsächlich stehen soll. Eine solche Vermessung führen wir gemeinsam mit der ausführenden Firma durch und sie gehört mit zur Bauabnahme.

Fragen an den Umweltbaubegleiter

Was ist Ihre Aufgabe beim Bau der Lennetalbrücke?

Mit der Umweltbaubegleitung stellen wir sicher, dass die Eingriffe in die Natur so gering wie möglich gehalten werden. Das ist bei einer so großen Maßnahme eine echte Herausforderung. Denn die Flächen, die für diesen Bau beansprucht werden – auch wenn es nur für die Bauzeit ist – sind schon enorm. Wir befinden uns mit der Baustelle im Überschwemmungsgebiet der Lenne. Da müssen wir Betriebsstoffe wie Öl oder ähnliches besonders sichern, damit sie bei Hochwasser nicht in die Lenne gelangen können. Auch beim Abbruch der alten Brücke ging es darum, das Gewässer zu schützen. Um das Baufeld zu erschließen, sind große Bodenbewegungen notwendig. Zum Ende der Maßnahme geht es nun darum, diesen Boden wieder fachgerecht einzubauen.

Wir schauen aber nicht nur darauf, dass das Baugeschehen selbst wenig Schäden in Tier- und Pflanzenwelt verursacht, wir sorgen auch für den entsprechenden Ausgleich. Denn ohne Eingriffe in die Natur lässt sich ein solches Projekt nicht verwirklichen. Ausgleichsflächen müssen zum Teil im Vorfeld eines Baus angelegt werden, damit sie auch tatsächlich als Lebensraum für Tiere und Pflanzen dienen können, die im Brückenumfeld zu finden sind. Unsere Arbeit beginnt also schon lange bevor die ersten Bagger anrücken. Wir haben in der Nähe der Brücke einen alten Stollen geöffnet, um Fledermäusen ein neues Quartier anzubieten. Eine sogenannte Blänke – ein Flachgewässer – wurde auf einer Wiese angelegt und die Lenne entfesselt, also in einen natürlichen Zustand versetzt. Inzwischen wurde dort der Flussregenpfeifer nachgewiesen, eine seltene Vogelart, die sehr lange nicht mehr im Lennetal gesichtet worden ist. Jetzt wollen wir das Gelände so herrichten, dass der Vogel hier auch gut brüten kann. So ein Nachweis freut mich natürlich sehr, weil man merkt, dass die Arbeit etwas bewirkt.

Was sind die besonderen Herausforderungen?

Die Natur hält sich nicht an Planungen, die im Vorfeld gemacht werden. Wir haben während des Baus einen Wanderfalken beobachtet, der sich häufig auf einem Pfeiler niedergelassen hat. Wanderfalken waren bis dahin eigentlich kein Thema an dieser Brücke. Natürlich haben wir befürchtet, dass sich dieser geschützte Vogel den Pfeiler nun als Brutplatz aussucht und haben sofort Kontakt zur AG Wanderfalkenschutz des Naturschutzbundes (Nabu) gesucht. Letztlich war der Pfeiler dann aber wohl doch nicht so einladend, dass der Falke geblieben ist. Wir haben aber an einer anderen Brücke im Bereich Hagen-Süd einen Nistkasten aufhängen lassen, um dem Wanderfalken ein zusätzliches Nistangebot zu machen. Das Beispiel zeigt, dass wir immer wieder mit neuen Themen konfrontiert werden. Bei der Lösung von Problemen ist uns dann die enge Zusammenarbeit mit den Behörden und Verbänden wichtig.

Begleiten Sie das Bauwerk auch in Zukunft weiter?

Ja, unsere Arbeit ist mit der Fertigstellung des Baus nicht zu Ende. Zum einen müssen wir regelmäßig überprüfen, ob unsere Maßnahmen zum Beispiel für die Fledermäuse auch funktionieren. Das bedeutet, dass wir die neuen Schlafplätze untersuchen, ob sich dort Tiere niedergelassen haben. Zum anderen geht es nach der Fertigstellung des Bauwerkes darum, das Umfeld wieder naturnah zu gestalten. Wir werden mehr als 3000 Sträucher und über 2000 Bäume – inklusive 50 Hochstämme – pflanzen. Böschungen und andere Flächen werden mit einem sogenannten Regio-Saatgut eingesät. Dieses Saatgut enthält ausschließlich heimische Pflanzen, die ein wertvolles Biotop für Insekten bilden. Wir geben das, was wir zum Beginn der Baustelle entfernt haben, der Natur zurück. Da, wo es möglich ist, verbessern wir den ursprünglichen Zustand.

Fragen an den technischen Koordinator

Was ist Ihre Aufgabe beim Bau der Lennetalbrücke?

Ich bin technischer Koordinator oder auch „Projektingenieur“. Auf meinem Tisch landen nicht nur technische Fragen, die gelöst werden müssen, sondern auch vertragliche Themen und Fragen zur Abrechnung. Ich bin also in vielen Bereichen in den Bau der Brücke eingebunden und sorge dafür, dass wir gemeinsam Lösungen für entstehende Probleme finden. Oder dass Probleme gar nicht erst entstehen, indem die unterschiedlichen Beteiligten schnell ins Gespräch kommen.

Was für Themen sind das konkret?

Das kann etwas ganz Banales sein. Für die Aufhängung der Entwässerungsleitung unter der Brücke sollte zum Beispiel ein spezieller Dübel verwendet werden, der aber für den Brückenbau noch keine baurechtliche Zulassung hatte. Technisch gab es mit der Verwendung kein Problem, es fehlte schlicht die „Papierform“. Eine solche Zulassung ist aber für alle Bauteile und -verfahren notwendig. Also habe ich das Thema an den Prüfingenieur weitergeleitet, und wir haben eine Lösung gefunden.

Ein wichtiger Aspekt meiner Arbeit ist zudem das Planmanagement. Wir müssen als Auftraggeber die Ausführungspläne freigeben, sichern uns aber auch noch mit Hilfe weiterer Prüfingenieure ab. Das muss alles koordiniert werden, damit am Ende auf der Baustelle das richtige ausgeführt wird.

Ist die Lennetalbrücke für Sie ein besonderes Projekt?

Eigentlich geht es bei jedem Projekt grundsätzlich um die gleichen Themen. Da wird ein kleiner Bachdurchlass genauso behandelt wie eine Großbrücke. Aber natürlich ist auch für mich die Lennetalbrücke ein besonderes Projekt. Ich bin seit den ersten Überlegungen für einen Neubau dabei und bin als Ingenieur natürlich auch von den Dimensionen beeindruckt. Ein Querverschub auf fast 1000 Metern Länge, das ist eine Herausforderung. Auch wenn ich mehr Zeit am Schreibtisch mit dem Bauprojekt Lennetalbrücke verbringe, einmal in der Woche bin ich in der Regel vor Ort. Beim Anblick der Brücke wird einem immer wieder bewusst, was für ein komplexes Projekt das ist.

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