Auf Nummer sicher: So wird die Planung von Autobahnen gecheckt

Gefährliche Sicherheitsdefizite schon in der Planung einer Baumaßnahme zu verhindern, das ist der Job von speziell geschulten Sicherheitsauditoren. 60 Auditorinnen und -auditoren werden aktuell bei der Autobahn neu ausgebildet. In der Niederlassung Westfalen haben sieben Mitarbeitende ihre Prüfung bereits bestanden – und gerade ihren ersten Auftrag durchgeführt.

Die Sicherheitsauditoren der Autobahn prüfen potenzielle Sicherheitsrisiken etwa im Bereich von Anschlussstellen auch vor Ort: Wie hier an der A33 in Paderborn-Sennelager. Auf dem zweiten Motiv ist Alexandra Marketon zu sehen. Fotos: Boris Wucherpfennig/ Autobahn Westfalen.
Die Sicherheitsauditoren der Autobahn prüfen potenzielle Sicherheitsrisiken etwa im Bereich von Anschlussstellen auch vor Ort: Wie hier an der A33 in Paderborn-Sennelager. Foto: Boris Wucherpfennig/ Autobahn Westfalen.

Hamm. Ist die Sicht eingeschränkt, eine Neigung zu steil, eine Kreisabfahrt vielleicht zu eng? Der Job der speziell ausgebildeten Auditoren bei der Autobahn ist es gefährliche Sicherheitsdefizite schon in der Planung einer Baumaßnahme zu finden und zu verhindern.

„Wir versetzen uns in die Lage der Verkehrsteilnehmer und gehen die Planung nochmal von Anfang an durch, um zu schauen, wo es Unsicherheiten gibt“, erklärt Wolfgang Mattner (Abteilung Straßenplanung, Autobahn GmbH). Er betreut neben Inger Iversen die schon vorhandenen Auditoren sowie die Schulungen für die neuen Auditoren. 60 Sicherheitsauditorinnen und -auditoren werden in diesem Jahr durch den anerkannten Ausbildungsbetrieb „Autobahn GmbH“ unter Beteiligung der „Bauhaus Weiterbildungsakademie Weimar (WBA)“ für die Niederlassungen neu ausgebildet. Sieben Mitarbeitende der Niederlassung Westfalen haben ihre Prüfung bereits bestanden – und führen gerade ihren ersten Auftrag durch.

Das Team soll eine geplante, sogenannte Erhaltungsmaßnahme auf der A44 auf Herz und Nieren prüfen. „Vierspurige Autobahn mit Seitenstreifen, Markierungen bleiben so, auf den ersten Blick kein Defizit“, stellt der erfahrene Auditor Jürgen Happel beim Blick auf den ausgebreiteten Plan fest. Kein Neubau, kein Ausbau – keine Risiken? Ganz so einfach ist es eben nicht. Genau wie Neubauten werden solche Sanierungsmaßnahmen im Autobahnbestand auditiert. „Wir schauen zum Beispiel, ob die richtigen Schutzeinrichtungen im Mittelstreifen und am Fahrbahnrand eingesetzt wurden und ob es Änderungen gibt, beispielsweise eine neu geplante Lärmschutzwand, wodurch die Sicht im Aus- und Auffahrtsbereich beeinträchtigt werden kann“, erklärt Auditorin Sakine Ceyhan.

Wenn die Ingenieure eine Baumaßnahme auf der Autobahn planen, müssen sie sehr vielen Anforderungen gerecht werden. Erst einmal muss ihre Planung bautechnisch umsetzbar sein. Es müssen Umweltfaktoren und Richtlinien berücksichtigt werden. Vor allem soll der Verkehr möglichst gut fließen. Die Audits sorgen dafür, dass bei all diesen verschiedenen Ansprüchen der Wichtigste niemals aus dem Fokus gerät, erklärt Wolfgang Matter: „Obwohl die Sicherheit selbstverständlich immer in der Planung von den dafür zuständigen Kolleginnen und Kollegen berücksichtigt wird, richten wir unser Augenmerk gezielt und ausschließlich darauf, während die Planer natürlich auch die Leistungsfähigkeit und die Umsetzbarkeit im Blick haben müssen.“

Hubert Eikens (Abteilung Straßenplanung, Autobahn Westfalen) ist schon lange als Sicherheitsauditor im Straßenbau tätig und unterstützt als Koordinator fortan, die in der Planung notwendigen Audits mittels eigener erfahrener und neu ausgebildeter Auditorinnen und Auditoren auch im internen Austausch durchzuführen. Von Vorteil ist es, wenn diese aus den einzelnen Fachbereichen Planung sowie Betrieb und Verkehr kommen, um ein ganzheitliches Urteil zu erzielen. Weil die die Mitarbeiter angesichts ihrer jeweiligen fachlichen Expertise auch unterschiedlich auf die jeweilige Situation blicken. Eikens: „Voraussetzung für ein Audit ist, dass die Auditoren nicht selbst in die entsprechende Planung involviert waren, also unbefangen sind.“

Schulung in Weimar

Um Audits durchführen zu dürfen, müssen die Mitarbeitenden eine umfassende Schulung absolvieren, natürlich inklusive Hausübungen und Abschlussprüfung. Die Teilnehmenden erhalten im Rahmen der Schulung und Übungen umfassende Kenntnisse aus allen Planungsbereichen, die sie dann auf die Maßnahmen anwenden müssen. Darüber hinaus mussten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter anderem in einer Hausübung auch eine Unfallkommission bilden: Eine von der Polizei vorgegebene Unfallhäufungsstelle wird unter anderem bei einem Ortstermin analysiert. Anschließend werden Vorschläge gemacht, wie man die Situation verbessern kann.

Die Schulung und die Vorbereitung auf die Prüfung seien schon aufwendig gewesen, sagt Marketon. Sie selbst kommt aus dem Bereich Betrieb und Verkehr – der im eigentlichen Projektablauf nach der Planung übernimmt. „Wir müssen uns den Bereich der Planung, also das, was die anderen tagtäglich machen, völlig neu aneignen.“  Aber es lohne sich, auch im „normalen“ beruflichen Alltag: „Es ist nicht nur eine Zusatzqualifikation. Man bekommt einen anderen Blick auf die Planungsunterlagen und ein neues Verständnis für Zusammenhänge. Und wir erfüllen damit eine wirklich wichtige Aufgabe.“ Vor allem tragen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so dazu bei, dass alle Verkehrsteilnehmer die Autobahn sicher nutzen können.

Soweit die Theorie. In der Praxis kommen die Arbeitsaufträge für die frisch gebackenen Auditoren jetzt aus der Planungsabteilung oder bei Bestandsaudits aus dem Bereich Betrieb und Verkehr. So auch die aktuell zu prüfende Sanierung auf der A44. Hier wird gerade deutlich, was es alles zu beachten gilt: Das Team diskutiert die Nothaltebuchten. Barrierefrei müssen sie selbstverständlich sein und die Lage muss stimmen – nicht zu nah an einem bewirtschafteten Rastplatz. Denn das, so erklären es die Experten, könnte entgegen jeder Vernunft tatsächlich dazu verleiten, die Fahrbahn zu überqueren. Ihre Aufgabe ist es, die Strecke noch sicherer zu machen – ein Stück weit schützen die Auditoren die Verkehrsteilnehmer aber auch vor sich selbst, wie es scheint. 

Kontakt: Renée Trippler, (02381) 277 7108, renee.trippler[at]autobahn[dot]de