Innovativer Brückenbau in Oberhausen

Kurze Bauzeit, besonders lange Fertigteile, Treppen aus dem 3D-Drucker und stark reflexionsmindernde Lärmschutzwände - die Autobahn GmbH verfolgt beim Neubau einer Brücke in Oberhausen gleich mehrere innovative Ansätze.


Oberhausen (Autobahn GmbH). Die A516 ist eine kurze, jedoch hoch frequentierte Autobahn in Oberhausen. In der Nähe der Anschlussstelle Oberhausen-Sterkrade unterquert die Teutoburger Straße die Autobahn. Die dortige Brücke muss aufgrund der ablaufenden Restnutzungsdauer neu gebaut werden. Start der Maßnahme ist im November 2025. Der Abriss des ersten Teilbauwerks ist für Januar terminiert, das Auflegen der Fertigteile für März 2026. Die Verkehrsfreigabe des ersten mehrfeldrigen Überbaus ist nach nur sieben Monaten für Juli 2026 geplant.

Der Zuschlag ging an die Firma Echterhoff, die mit einer bahnbrechenden Idee überzeugen konnte. „Das Unternehmen ist vor gut einem Jahr auf uns zugekommen. Wir haben die ersten Termine im Bundesverkehrsministerium im Juli 2024 durchgeführt. Die Zentrale der Autobahn GmbH mit ihrem Brückenkompetenzzentrum sowie die Abteilung Vergabe waren frühzeitig mit eingebunden, um diesen Meilenstein im deutschen Brückenbau mit ins Leben zu rufen“, schildert Mario Korte, Leiter der Außenstelle Essen der Autobahn GmbH.

Besonders lange Fertigteile verbunden als Durchlaufträger kommen zum Einsatz

Gleich mehrere Komponenten machen den Neubau besonders. So kommen besonders lange Fertigteile um Einsatz. Bisher waren diese bis maximal 35 Metern Länge zugelassen, mit den neuen „Regelungen und Richtlinien für die Berechnung und Bemessung von Ingenieurbauten“ (BEM-ING) kommen nun solche mit einer Länge von bis zu 40 Metern in hochfestem Beton zum Einsatz. Nach dem Auflegen werden sie durch Einschießen von sich überlappenden Spanngliedern über die jeweiligen Stützen geführt. Die Idee hatte Theo Reddemann von der Firma Echterhoff. Er hat sie zusammen mit Prof. Maurer (Büro KHP) vorentwickelt. Reddemann: „Sie werden dadurch stramm miteinander verspannt, so dass störende Fugen vermieden werden und wir eine durchgehende, langlebige Fahrbahnplatte erhalten. Dies löst die bisherigen Nachteile wie zum Beispiel Lärm, Wassereindringen, Bewegungen im Bauwerk und Stoßschäden auf. Auch kann auf Traggerüste und Hilfskonstruktionen weitgehend verzichtet werden.“ 

Weiterer positiver Effekt: Die Bauzeit wird von 24 auf sieben Monate verkürzt. „Das Verfahren wird weltweit hier zum ersten Mal ausgeführt. Durch den hohen Vorfertigungsgrad kann gegenüber herkömmlicher Bauweise von mehrfeldrigen Brücken eine Beschleunigung von 17 Monaten erreicht werden. Wir können damit an vielen neuralgischen Stellen im Ruhrgebiet nun mit einer verbraucherfreundlichen Lösung aufwarten“, freut sich Korte. Reddemann ergänzt: „Gerade in innerstädtischen Lagen mit hoher Verkehrsdichte ist diese Lösung ein wahres Plus für alle Verkehrsteilnehmer, unserer Umwelt sowie der Volkswirtschaft, weil durch sehr kurze Bauzeiten jede Menge Verkehrsstaus und somit  CO2-Emissionen als auch volkswirtschaftliche Schäden vermieden werden.“

Erstmals auf der Straße: Lärmschutzwände der Deutschen Bahn 

Ebenfalls ein Novum sind die Art der Lärmschutzwände, die auf der Brücke stehen werden. Die Problematik: Stark reflexionsmindernde Lärmschutzwände (LSW) sind zwar ein effektiver Lärmschutz, fügen sich als undurchsichtige Mauer aber nicht gut ins Landschafts- und Städtebild ein. Damit verbunden ist die Zerschneidung von Sichtachsen und weniger Tageslicht, worüber sich Anwohner nicht selten beschweren. Demgegenüber stehen herkömmliche transparente LSW. Sie sorgen zwar für Durchblick, sind jedoch schallreflektierend. Die gesetzlichen Schallimmissionsgrenzwerte lassen sich damit zumeist nicht einhalten, weswegen sie nur vereinzelt eingesetzt werden. Die Lösung bietet das System MetaWindow, eine Innovation im Lärmschutz. MetaWindow verbindet die Pluspunkte beider Varianten, ist also sowohl transparent als auch stark reflexionsmindernd. 

Bei dem MetaWindow-System handelt es sich um eine Eigenentwicklung der Deutschen Bahn in Zusammenarbeit mit dem Startup Phononic Vibes. Im vergangenen Oktober wurde das System im Bahnbereich erstmals in Hamburg errichtet. Das Medienecho war enorm. 

In Oberhausen wird es nun erstmalig auf der Straße eingesetzt. „Zusammen mit den Entwicklern der DB Bahnbau Gruppe haben wir eine Lösung für die Straße konzipiert. Die absorbierende Wirkung musste auf das Verkehrslärmspektrum der Autobahn angepasst werden und die Kosten konnten durch konstruktive Anpassungen reduziert werden. Einige Lasten wie zum Beispiel die Druck- Sogwirkung durch einen vorbeifahrenden ICE mit 300 km/h Geschwindigkeit sind für unsere Ansprüche zu hoch und auch mit hohen Kosten verbunden. Die Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn war durchweg positiv und sehr transparent“, so Korte.

Rein technisch ist es möglich, mit MetaWindow konventionelle Lärmschutzsysteme 1:1 zu ersetzen. „Die akustische Wirksamkeit bleibt gleichwertig bestehen, alle gesetzlichen Grenzwerte werden eingehalten. Gleichzeitig erhöht sich die Attraktivität und Akzeptanz in der Gesellschaft, und auch im Bereich der Sicherheit gibt es positive Effekte: Die Einsehbarkeit wird erhöht, Angsträume durch die Vermeidung schlecht einsehbarer Bereiche dagegen verringert“, so der Entwickler Benno Hacker. Neben der Brücke Teutoburger Straße erhalten auch die kleineren Bauwerke Betuwe (Oberhausen-Weseler Straße) und Alsfeld das MetaWindow-System.

Böschungstreppe kommt aus dem 3D-Drucker

Ein weiteres Novum ist die Böschungstreppe, bei der erstmals die Betondruck-Technologie angewandt wird. Der Impuls kam hier von Professor Curosu von der Ruhr-Uni-Bochum. Die Technologie ist in Deutschland noch nicht eingesetzt worden und dient ebenfalls der Sammlung von Erfahrungen. Im August werden in der Fertigung in der Nähe von Ulm die ersten Prototypen hergestellt. „Wir werden uns die vor Ort ansehen, da sich daraus weiterführende Ideen und ein Umdenken von Installationsprozessen ergeben können“, so Korte.

Digitale Steuerung der Verkehrsführung

Da das Bestandbauwerk aufgrund der Durchfahrtsbreiten keine 4-streifige bauzeitliche Verkehrsführung zulässt, wird während der Baumaßnahme eine 3+0-Wechselverkehrsführung eingerichtet werden, die komplett digital gesteuert werden soll. Je nach Verkehrsaufkommen kann hier Bedarfsgerecht gesteuert werden. Die Erarbeitung dieser Lösung läuft parallel zu den Bauvorbereitungen. Verkehrsprobleme sollen dadurch minimiert werden. 

Ansprechpartner

Manuel Kölker

Pressesprecher

Die Autobahn GmbH des Bundes

Niederlassung: Rheinland
Willy Brandt-Platz 2
47805 Krefeld